Murakami schreibt in diesem kleinen, feinen Buch über unerfüllte Liebe, innige Freundschaft, Träume, tiefe Einsamkeit und Selbstzweifel. Aber die Geschichte, die er für uns entspinnt, ist weit weg von Tragik und Drama. Mit solcher Poesie und Selbstverständlichkeit bringt er uns die Gefühle der Protagonisten nahe, dass wir die Sinnsuche der Romanfiguren gespannt verfolgen und sie in ihre Träume begleiten.
Ein namentlich nicht bekannter junger Lehrer ist der Erzähler und mit Sumire befreundet. Mit ihr kann er lange Dialoge führen, wie mit niemandem sonst. Aber sie strapaziert die Freundschaft auch durch nächtliche Anrufe, unbarmherzige Offenheit und ihr Unvermögen zu erkennen, wie sehr er ihr über die reine Freundschaft hinaus zugetan ist. Sumire hat mit ihrer Familie gebrochen und ihr Studium aufgegeben. Sie unterwirft sich nicht den Alltagsregeln, pflegt keine Kontakte, hat keine Liebesbeziehung. Sie ist ein Punk. Aber ihr Kopf ist voll von Fragen, von Überlegungen, Geschichten, die heraus wollen. Zwanghaft und ungeordnet schreibt sie Tag und Nacht.
Bis sie eines Tages eine Frau kennen lernt, in die sie sich verliebt und deren Assistentin sie wird. Nun wandelt sich die Unangepasste schlagartig innerlich und äußerlich in das Gegenteil. Mit Businesssuite und hohen Hacken wird organisiert, verhandelt und auf Geschäftsreise gegangen. Nur: ihre Liebe bleibt unerkannt und unerwidert. Ebenso wie die ihres Freundes zu ihr. Eine auf allen Seiten unerfüllte Amour fou.
Als Sumire bei einem Urlaub in Griechenland verschwindet, vermischen sich zunehmend Traum und Wirklichkeit. Man erkennt mehr und mehr, dass die drei Hauptfiguren sonderbar an sich vorbei leben. Über die Suche nach Sumire werden manche Geheimnisse gelüftet. Aber am Ende ist es wie am Anfang : das Leben geht weiter, nur ohne Sumire.
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