Auf das Buch „Der weiße Ovambo“ wurde ich im Rahmen meiner Ahnenforschung aufmerksam, denn Peter Pauly, die Hauptperson des Buches, wurde in Breslau in der Straße geboren, in der mein Vater als damals 6jähriger aufwuchs.
Auf nur 228 Seiten wird von
wesentlichen Ereignissen des langen und ungewöhnlichen Lebens von Peter Pauly berichtet.
Mit Humor und ohne Verbissenheit oder erhobenen Zeigefinger erfährt man vom
privilegierten Aufwachsen und Lausbubendasein, das ein plötzliches Ende findet,
als die Rassengesetze der Nationalsozialisten die evangelische Familie zu
jüdischen Mischlingen deklariert und damit der Verfolgung aussetzt. Die
angestrebte akademische Karriere an dem inzwischen zur Napola umgewidmeten Internat
musste ins Wasser fallen.
Über ein unvermutetes Angebot in
Afrika eine Kaffeeplantage zu beaufsichtigen begann die lebenslange Liebe zum afrikanischen
Kontinent und seinen Menschen. Wenngleich Peter Pauly, wie alle Weißen, ein
privilegiertes Leben in herausgehobener Stellung hätte führen können, empfand
er das Unrecht der Apartheid und die schlechte Behandlung der Schwarzen
beschämend. In vielen brenzligen Situationen stellte er sich mutig auf die
Seite der Verfolgten und Benachteiligten. Seine Sorge galt der Verbesserung der
Lebensbedingungen der Einheimischen. Seine Liebe zu den fröhlichen und trotz aller
Sorgen und Nöte zuversichtlichen Einheimischen wurde zur lebenslangen Bindung
an seine neue Heimat. In fortgeschrittenem Alter heiratete er in politisch
schwierigen Zeiten eine schwarze Pastorin und wurde in deren Stamm aufgenommen.
Schließlich anvancierte er sogar zum Stammesältesten und hatte für Groß und Klein,
Alt und Jung im großen Stammesverband Sorge zu tragen.
Das Buch ist keine
gesellschaftspolitische oder sozialkritische Abrechnung mit der Unterdrückung
und dem Unrechtssystem im südlichen Afrika. Viel mehr ist es eine Hommage an Mitmenschlichkeit,
Nächstenliebe, Empathie und Zivilcourage. Und die bewundernswerte Resilienz
eines mittlerweile 104jährigen Mannes, der in all seinen Höhen und Tiefen nie
den tiefen Glauben an die Menschen oder gar seinen Humor verloren hat. Der
Autor hat in seinen Interviews dem alten Herrn offensichtlich so aufmerksam
gelauscht, dass man das Gefühl hat, dieser erzähle einem persönlich seine
Lebensgeschichte.
Die innere Haltung und
Selbstreflexion dieses außergewöhnlichen Menschen wird bei seiner üblichen
Antwort auf die Frage, wie es ihm gehe, auf einfache Weise deutlich: stets ein munteres
„Danke. Unverdient
gut.“