Jetzt sind sie wieder da: die grauen, regennassen Tage, die einem auf´s Gemuet schlagen. Im Freundeskreis sind etliche auf die spanischen Inseln oder gar in die Karibik gefluechtet. Heute war zum ersten Mal in diesem Herbst der Fernsehturm im Nebel verschwunden. Einzig die Verpflichtungen gegenueber dem geliebten Vierbeiner vermögen den inneren Schweinehund zu ueberwinden und einen ins Schmuddelwetter zu treiben.
Aber: jetzt ist auch die Zeit der Schmöker! Wenn nicht jetzt, wann sonst ist die Zeit um dicke Wälzer hervorzuholen und sich auf stundenlange Leseeinheiten auf dem Sofa einzurichten?
Einer Empfehlung folgend habe ich mit einer Trilogie von Ken Follett begonnen. Erster Teil "Sturz der Titanen" (1037 Seiten); zweiter Teil "Winter der Welt" (1040 Seiten); dritter Teil "Kinder der Freiheit" (1216 Seiten).
Den zweiten Teil habe ich nun fast zu Ende gelesen, ich denke, da kann ich schon einmal eine Beurteilung abgegeben. Ken Follett rollt die Geschichte Europas im 20./21. Jahrhundert vom 1. Weltkrieg bis hin zum Fall der Berliner Mauer mit Hilfe der Geschichte dreier Familien auf, die jeweils in Russland, Amerika und Deutschland leben und ueber die Jahre immer wieder miteinander in Beziehung stehen. Alle bedeutsamen Ereignisse der Epoche, mögen es die Streiks um bessere Arbeitsbedingungen in den Minen von Wales, der Beginn des ersten Weltkriegs, die Revolution in Russland, Ost-West-Spionage, die Machtergreifung der Nationalsozialisten, der Bau der ersten A-Bombe, der Angriff auf Pearl Harbour, Stalingrad oder der Fall Berlins sein: alle diese Ereignisse sind sorgsam recherchiert und in ihrem politischen Zusammenhang dargestellt. Die persönlichen Erfahrungen der Akteure im Roman bringen uns die jeweiligen gesellschaftlichen Bedingungen nahe. Man hat das Gefuehl, die damalige Zeit und die politischen Verwicklungen besser zu verstehen. Die Ausschmueckung mit den allzu menschlichen Schicksalen, Anpassung, Widerstand, Glueck und Unglueck, Liebe und Hass machen die sehr seitenstarken Bände kurzweilig und gut lesbar. Sprachlich sind sie keine Herausforderung. Ob das an der Uebersetzung aus dem Englischen liegt, kann ich nicht sagen. Immerhin sind einige offensichtliche Uebersetzungs- und Sprachfehler enthalten.
Meine Leseempfehlung: unterhaltsamer und gleichzeitig lehrreicher Lesestoff fuer unangenehme Herbst- und kalte Wintertage. Wunderbare Urlaubslektuere. Die Bände bauen aufeinander auf, können aber auch gut einzeln gelesen werden.